So schützen Sie Ihre Geschäftsgeheimnisse

210326-Carsten-Visuals-032.jpg

Im April 2019 wurde in Deutschland mit dem Geschäftsgeheimnisgesetz eine einheitliche Regelung für die gesamte EU umgesetzt. Das Gesetz definiert erstmals das Geschäftsgeheimnis, und zwar als eine Information, die nicht öffentlich bekannt oder zugänglich ist, die einen gewissen Wert hat und die Gegenstand angemessener Geheimhaltungsmaßnahmen ist.

Der Schutz nach dem neuen Gesetz erfordert also ein aktives Zutun des Unternehmens. Welche Maßnahmen angemessen sind, erfordert eine einzelfallbezogene Einschätzung. Kriterien hierfür sind der Wert des Geschäfts-geheimnisses und dessen Entwicklungskosten, die Natur der Information, die Bedeutung für das Unternehmen, die Größe des Unternehmens, die üblichen Geheimhaltungsmaßnahmen im Unter-nehmen, die Art der Kennzeichnung der Information und vereinbarte vertragliche Regelungen mit Arbeitnehmern und Geschäftspartnern. Dabei ist dem Wert des Geschäftsgeheimnisses eine be-sondere Bedeutung beizumessen. Gemeint ist damit ein realer oder potentieller Handelswert. Die-ser besteht insbesondere bei klassischen Geschäftsgeheimnissen wie Kundenlisten, Umsatzzah-len, Verzeichnissen von Geschäftspartnern, Lieferketten sowie Know-How. Je höher der Wert der Information ist, desto umfangreicher sind die notwendigen Maßnahmen.

Vor diesem Hintergrund haben wir einen Grobschema für Maßnahmen entworfen:

1. Physische und technische Maßnahmen

Im Grundsatz müssen Gebäude und Büros abgeschlossen werden, in denen die Geschäftsge-heimnisse aufbewahrt werden. Zutritt darf nur solche Personen gestattet sein, die persönlich mit den Geheimnissen umgehen müssen. Das gilt im übertragenen Sinne auch für technische Maß-nahmen. Insofern kann die Anpassung der IT-Struktur erforderlich sein, etwa in Form der Einrich-tung elektronischer Zugangsbeschränkungen im Intranet, einer nach Zugriffsrechten aufgeglieder-ten Serverstruktur, Firewalls sowie Verschlüsselungen, auch in der Kommunikation innerhalb des Unternehmens und nach außen. Grundsätzlich sollte die Hardware für die Arbeitnehmer vom Un-ternehmen gestellt werden, also unter Ausschluss der Privatnutzung. Die ergriffenen Maßnahmen müssen auch im Home Office durchgesetzt werden.

2. Prozesse im Unternehmen

Die geheimhaltungsbedürftigen Informationen müssen als solche konkret identifiziert werden. Hier-für sollte ein Schutzkonzept erstellt werden, das die Informationen klassifiziert und die erforderli-chen Massnahmen benennt. Idealerweise beinhaltet das Konzept gleichzeitig die Einschätzung, ob und ggf. wann und in welcher Form Schutzrechte wie Patente, Marken und Designs erlangt werden sollen. Ab einer gewissen Unternehmensgröße sind Schulungen von Mitarbeitern unerlässlich. Da nach dem neuen Gesetz die Darlegungs- und Beweislast für die Umsetzung und Einhaltung der Maßnahmen beim Unternehmen liegt, sollten diese ggf. Stichprobenartig kontrolliert und dokumen-tiert werden.

3. Geheimhaltungsvereinbarungen

Das GeschGehG tritt in den bereits bestehenden Kanon der Schutzrechte. Ein Patent kann bei-spielsweise nach wie vor gemäß § 3 V Nr. 1 PatG geschützt werden, obwohl es entgegen beste-hender Geheimhaltungsvereinbarungen zuvor veröffentlicht wurde. Ein Design kann noch nach § 5 S. 2 DesignG geschützt werden, wenn es einem Dritten unter der Bedingung der Vertraulichkeit bekannt gemacht oder wenn es nach § 6 S. 2 Design aufgrund einer missbräuchlichen Handlung offenbart wurde, also etwa entgegen einer bestehenden Geheimhaltungsvereinbarung. Die zuvor bestehenden Regelungen kannten Geheimhaltungsvereinbarungen also schon oder setzten diese voraus. Die einschlägige Rechtsprechung ging schon immer davon aus, dass nicht alle Informatio-nen geheimhaltungsbedürftig sind. Das GeschGehG und die mittlerweile hierzu ergangene Recht-sprechung bestätigen dies und konkretisieren die Angemessenheit von Schutzmaßnahmen. Der Teufel steckt dabei wie so oft im Detail, denn nicht alle Klauseln sind wirksam.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (LAG Düsseldorf, Urteil v. 03.06.2020 - 12 SaGa 4/20) hat angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen nach dem GeschGehG herausgearbeitet. Bei privaten Aufzeichnungen eines Arbeitnehmers über Kundenbesuche und Kundendaten handelt es sich dem-nach ebenso um Geschäftsgeheimnisse wie bei Kundenlisten mit Kundendaten und Absatzmengen. Das Gericht hielt eine Vereinbarung für ungenügend, die schlicht alle Angelegenheiten und Vorgän-ge für geheimhaltungsbedürftig erklärt, die dem Arbeitnehmer im Rahmen seiner Tätigkeit bekannt werden. Ist die Geheimhaltungsvereinbarung unwirksam, liegen folglich auch keine ausreichenden Schutzmassnahmen vor.

Es ist unerlässlich, solche Geheimhaltungsvereinbarungen mit Mitarbeitern und Geschäftspartnern zu schließen und dabei die richtigen Formulierungen zu finden. So sind bestehende Verträge auf die weit verbreiteten sog. Catch-All-Klauseln zu überprüfen und ggf. anzupassen (so auch LAG Köln, Urteil vom 2.12.2019 – 2 SaGa 20/19)

4. Schutzstrategie und Rechtsverfolgung

Den größten Unsicherheitsfaktor stellt regelmäßig der Mensch dar. Die Mehrzahl der gerichtlichen Rechtsstreite werden nicht über Industriespionage geführt, sondern darüber, welche Informationen ehemalige Arbeitnehmer zum neuen Arbeitgeber mitgenommen haben und ob sie das durften. Aus der Rechtsprechung zur Durchsetzung solcher Ansprüche wir zuletzt beim OLG Frankfurt (Be-schluss vom 27.11.2020 – Aktenzeichen 6 W 113/20) lassen sich dabei wichtige Schlüsse in Be-zug auf den Umgang mit Ihren Arbeitnehmern ziehen, denn die gerichtlichen Verfahren sind auf-wendig und kompliziert. Letztlich müssen Sie Ihrem Konkurrenten nachweisen, welche konkreten Geheimnisse er von Ihrem ehemaligen Arbeitnehmer empfangen hat und dass diese auf seine Ver-anlassung oder im Zusammenspiel mit ihm erfolgte. Der reine Erhalt der Informationen reicht hierfür nicht aus. Die Entscheidung verdeutlicht, wie wichtig es für Unternehmen ist, scheidenden Arbeit-nehmern sofort nach Kenntnis des Verlassens der Unternehmens den Zugang zu Geschäftsge-heimnissen konsequent zu sperren. Ansonsten lässt sich die Kontrolle über diese nicht aufrecht erhalten.

Das neue Gesetzt regelt nun zwar auch die Durchsetzung der Ansprüche aus Geschäftsgeheim-nissen, ein Selbstläufer ist diese jedoch keinesfalls. Die Vorsorge ist nach wie vor besser als die Klage.

Text: Carsten Bildhäuser
Bild: Carrascal/Dindin Communication Design

Zurück
Zurück

Kreative, Auftraggeber, das liebe Geld und die Frage, wie weit die Nutzungsrechte reichen

Weiter
Weiter

5 Dinge, die Sie zum Markenrecht wissen müssen