Kreative, Auftraggeber, das liebe Geld und die Frage, wie weit die Nutzungsrechte reichen

210326-Carsten-Visuals2.jpg

Die Wirtschaft braucht Kreativleistungen und Kreative brauchen Auftraggeber. Ein Auftrag ist schnell erteilt, die Arbeit wird direkt aufgenommen. Irgendwann stellt sich die Frage nach der Bezahlung und was der Auftraggeber mit den erhaltenen Leistungen des Kreativen machen darf. Wie darf er sie nutzen? Muss er erst bezahlen? Wer schuldet wem was in dem Verhältnis?

Die Situation ist dem Gesetzgeber wie auch der Kreativwirtschaft altbekannt. Entsprechende Gesetze wurden geschaffen. Urheber können und müssen sogar in manchen Fällen dem Auftraggeber Nutzungsrechte an ihrem Werk einräumen. Wie das geschieht, regeln § 31 UrhG und die nachfolgenden Vorschriften für das Urheberrecht und manche andere Vorschrift in Spezialgesetzen wie dem DesignG. Die Einräumung kann einfach oder ausschließlich erfolgen, zeitlich oder örtlich begrenzt oder auf bestimmte Nutzungsarten beschränkt werden.

Juristisch betrachtet ist die Einräumung von Nutzungsrechten ein Vertrag. Für diesen gibt es keine Formvorschriften, er muss also nicht schriftlich geschlossen werden. Die Rechte können auch mündlich oder durch schlüssiges Verhalten übertragen werden. Juristen sprechen hier von einem  konkludenten Vertragsschluss. Da die Einigung nicht ausdrücklich erfolgt, ist der Umfang der eingeräumten Nutzungsrechte unklar. Um den Umfang im Zweifel bestimmen zu können, hat der Gesetzgeber die in § 31 Abs. 5 UrhG normierte Zweckübertragungslehre geschaffen. Demnach räumt der Kreative nur soweit Nutzungsrechte ein, wie es die Beauftragung unbedingt erfordert. Entscheidend ist der objektive Vertragszweck, also welche Nutzungsrechte benötigt werden, um den konkreten Vertragszweck zu erfüllen. Diese Regelung schützt Kreativen und Auftraggeber, denn der Auftraggeber bekommt, was er benötigt, der Kreative räumt jedoch nicht mehr Rechte ein, als er unbedingt muss. 

Solange noch kein Gericht im Einzelfall entschieden hat, führt eine solche konkludente Einräumung von Nutzungsrechten zwangsläufig zu einer großen Unklarheit. Denn im Extremfall können auch ausschließliche und zeitlich und örtlich unbegrenzte Rechte eingeräumt werden, und zwar unabhängig von dem Umstand, ob der Kreative auch bezahlt wurde. Zu diesem Ergebnis gelangte beispielsweise das OLG Frankfurt (Urteil vom 12.06.2019 - 11 U 51/18) in einem Fall eines Logodesigns. Ein Hersteller von von Car-Hifi-Produkten hatte einen Graphikdesigner mit der Weiterentwicklung eines Logos zur Kennzeichnung der Produkte beauftragt, wobei eine vertragliche Regelung über den Umfang der Nutzungsrechte fehlte. Das OLG Frankfurt stellte fest, dass alle Parteien davon ausgegangen seien, dass das Logo einzig und allein dem Zweck dienen solle, die Produkte des Auftraggebers zu kennzeichnen. Aus diesem Vertragszweck folge, dass das Logo dauerhaft und exklusiv für die Produkte des Auftraggebers genutzt werden könne. Somit wurde ihm mit Übersendung der hierfür erforderlichen Vektor-Graphiken konkludent ein ausschließliches und zeitlich unbeschränktes Nutzungsrecht eingeräumt. Zudem sei davon auch ein Recht zur weiteren Übertragung an Dritte umfasst.

Im Ergebnis kann die Anwendung der Zweckübertragungslehre helfen, den Umfang der eingeräumten Rechte zu bestimmen. Davon ist jedoch nicht die Frage nach der Zahlung umfasst. Dies kann dazu führen, dass die Nutzungsrechte schon eingeräumt wurden, ohne dass eine Zahlung erfolgt ist wie in dem Beispiel durch die Übersendung der Vektor-Graphik. Dementsprechend sollten Kreative die Rechteeinräumung von der Zahlung abhängig machen. Das sieht das Gesetz nämlich nicht vor. Denn dann kann allenfalls ein Streit über den Umfang der Nutzungsrechte entstehen, aber wenigstens nicht mehr über die Zahlungsansprüche. 

Praxistipp:

Kreativen ist bei Verwertung ihrer Leistungen unbedingt anzuraten, die Zahlung ausdrücklich zu regeln, da das Gesetz hierfür keine Hilfestellung bietet. Als Mindeststandard empfiehlt sich, schon vor Beauftragung in jedes Angebot die Klausel aufzunehmen, dass Nutzungsrechte erst nach vollständiger Zahlung der Vergütung übertragen werden und eine Nutzung zuvor nicht gestattet ist.

Die Einbeziehung von eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ist jedoch das wahre Mittel der Wahl, die Zahlungsmodalitäten verbindlich zu regeln. Ansonsten könnten die Einkaufs-AGB des Auftraggeber Anwendung finden, die für die Kreativen meist unvorteilhaft und in der Regel wenig aussagekräftig sind, zumindest in Bezug auf Kreativleistungen.

Text: Carsten Bildhäuser
Bild: Carrascal/Dindin Communication Design

Zurück
Zurück

Produktnachahmungen international: Alles nur geklaut?

Weiter
Weiter

So schützen Sie Ihre Geschäftsgeheimnisse