Das Problem mit Produktbildern auf Amazon

210112-Carsten-Visuals-012.jpg

Für Händler sind Produktbilder ein elementarer Bestandteil zur Bewerbung ihrer Produkte. Die Produkte werden mit großem Aufwand in Szene gesetzt, um Kunden anzusprechen. Je hochwertiger die Produktbilder gestaltet und hergestellt werden, desto höher sind die Investitionen. Hersteller und Handelsplattformen wollen ihre Produkte mit hochwertigen Produktbildern bewerben lassen. Das stärkt die Kauflust beim Kunden. Die Händler, die am Ende des Vertriebswegs das Produkt an den Kunden bringen wollen, müssen sich gegen ihre Mitbewerber durchsetzen, die dasselbe Produkt verkaufen. Im Onlinehandel geht das nur über den Preis oder durch eine besonders ansprechende Produktpräsentation, also über die Bilder. Zum Ärgernis vieler Händler werden die aufwendig von ihnen hergestellten Bilder von Konkurrenten ungefragt geklaut oder durch Online-Plattformen wie Amazon ihren Mitbewerbern kostenfrei zur Verfügung gestellt. Für viele stellt sich die Frage, wie sie gegen die unberechtigte Nutzung vorgehen können.


Grundsätzlich fallen Produktbilder unter urheberrechtlichen Schutz, wenn es sich um Lichtbilder handelt. Anders als etwa Werke der angewandten Kunst besteht an ihnen kein Urheberrecht im engeren Sinne, sondern ein Leistungsschutzrecht. Dieses schützt die konkrete besondere Leistung des Urhebers. Produktbilder fallen nach ständiger Rechtsprechung unter den Schutz für Lichtbilder nach §72 UrhG. Hierdurch erhält der Fotograf ein ausschließliches Nutzungsrecht und kann Abwehrrecht gegenüber Dritten geltend machen.

 

Produktbild nicht gleich Produktbild
Den urheberrechtlichen Schutz geniesst jedoch nicht jedes Bild, das ein Produkt abbildet. Das Kammergericht Berlin (Urteil vom 16.01.2020 - 2 U 12/16 Kart) stellte fest, dass rein computergenerierte Grafiken nicht als Lichtbilder oder als ähnliche Erzeugnisse im Sinne des §72 UrhG geschützt werden können. Für den Schutz sei erforderlich, dass eine eigenpersönliche Schöpfung vorliegt, die einen Gestaltungsspielraum ermöglicht, in dem der Urheber seine Kreativität in origineller Weise zum Ausdruck bringt. Die zu beurteilenden computergenerierten Produktbilder erreichten indes kein künstlerisches Gestaltungsmaß, da es sich um Grundelemente der Gestaltung handele. Denn zentraler Anknüpfungspunkt des Schutzes sei der Einsatz der Fotografie. Dabei sei nicht nur der schöpferische Prozess ausschlaggebend, sondern die charakteristischen Merkmale der Fotografie. Bei computergenerierten Grafiken fehlten die notwendigen Merkmale, da die Produktabbildungen keine selbstständigen Abbildungen der Wirklichkeit darstellen, sondern mittels elektronischer Befehle Abbildungen von virtuellen Gegenständen erzeugen. Insofern genießen (ausschließlich) am Computer generierte Produktbilder keinen Leistungsschutz und eröffnen somit keine Abwehrrechte gegen eine widerrechtliche Nutzung.

 

Produktbilder und das Problem mit Amazon
Auf Online-Plattformen wie Amazon kann es passieren, dass Mitbewerber Produktbilder ohne Zustimmung des Rechteinhabers nutzen. Dies liegt an der Funktionsweise des jeweiligen Plattformwie Amazon Marketplace. Amazon stellt Händlern die Software als Infrastruktur zur Verfügung. Jedes auf der Plattform eingestellte Produkt erhält zur Identifikation einen bestimmten „EAN-Code“ bzw. eine interne Identifikationsnummer (ASIN = A. Standard Identification Number). Für jedes angebotene Produkt ist nur eine Produktseite eingerichtet und zugelassen. Besteht für ein Produkt bereits eine Produktseite, sind Händler verpflichtet, ihr Angebot also unter Angabe des Preises unter der bestehenden Seite ein zu pflegen. Die Angebote der verschiedenen Händler werden in diesem Fall auf Produktseite nacheinander gelistet. Auch für Produkte die gerade nicht über Amazon angeboten werden, bestehen die ASIN, die dazugehörige Produktdatenbank und auch die Produktdetailseiten weiter. Hierbei können Händler eine Produktdatenbank nutzen, in der Text- und Bild-Dateien zur Beschreibung und Darstellung der einzelnen Produkte genutzt werden können. Die Bilder und Beschreibungen der Produkte werden entweder von Amazon selbst oder von Händlern auf der Plattform in die Produktdatenbank eingestellt. Als Produktbild wird dann dasjenige eingeblendet, das von dem Erstanbieter auf dem Server der Internetseite hochgeladen wurde. Zeitlich nachfolgende Anbieter können zwar eigene Fotos hochladen, sie werden jedoch nicht anstelle eines auf dem Server von Amazon bereits vorhandenen Produktbildes eingeblendet.

Vor dem Einstellen von Bildern oder Inhalten müssen Händler den AGB und Nutzungsbedingungen zustimmen, wonach sie Amazon ein einfaches, unwiderrufliches und vollständig unterlizensierbares Recht zur weltweiten Nutzung in beliebigen Medien ein.

Im Ergebnis kann das eingestellte Material somit von Mitbewerbern unentgeltlich genutzt werden. 

 

Das OLG Köln (Urteil vom 19.12.2014, Az.: 6 U 51/14) urteilte, dass die Nutzung von Produktbildern des Ersteinstellers durch „Anhängen“ keine Verletzung des Leistungsschutzrechts an einem Produktbild ist und dem Ersteinsteller somit kein Unterlassungsanspruch zustehe. Das Nutzungsrecht an Produktbildern werde zwar nur Amazon eingeräumt. Allerdings können andere Teilnehmer durch das zugrundeliegende System des Amazon Marketplace Materialien des Ersteinstellers durch Anhängen an das Angebot nutzen. Insofern erteile Amazon den Mitbewerbern konkludent die Nutzungsmöglichkeit.

Allerdings sind Teilnehmer laut dem OLG Frankfurt (Urteil vom 18.03.2021, Az. 6 W 8/18) verpflichtet regelmäßig zu überprüfen, ob das Produktbild des Ersteinstellers mit dem angebotenen Produkt übereinstimmt. Im vorliegenden Fall, bewarb ein Mitbewerber unverpackte Druckerpatronen. Der Algorithmus von Amazon, fügte dann aufgrund der ASIN das Produktbild des Ersteinstellers an. Allerdings bildete das Produktbild die verpackte Druckerpatrone ab. Nachdem das LG Hanau den Mitbewerber die Nutzung des Produktbildes untersagte, fand sich für die unverpackte Patrone immer noch das streitgegenständliche Produktbild. Der Mitbewerber wandte ein, dass er keinen Einfluss auf den Algorithmus und das dadurch angehängte Produktbild habe. Dies lies das OLG Frankfurt nicht gelten. Vielmehr hätte der Mitbewerber damit rechnen können, dass Amazon das streitgegenständliche Produktbild hinterlegen würde und somit seine unverpackte Druckerpatrone mit einer Abbildung der originalverpackten Kartusche präsentiert würde.

 

Fazit
Bevor Produktbilder auf Handelsplattformen hochgeladen werden, muss die Berechtigung zur Einräumung von Nutzungsrechten an Dritte berücksichtigt werden. Sofern es sich nicht um selbst gefertigte Bilder handelt, muss die gesamte Rechtekette darauf überprüft werden, ob die Bilder in der dargestellten Form genutzt werden dürfen. 

Auch wenn keine Bilder hochgeladen werden, sondern die vorhandene Infrastruktur genutzt wird, muss überprüft werden, ob auf der Produktseite die richtigen Bilder und Beschreibungen angezeigt werden. 

Ansonsten haften der Händler und ggf. auch die Handelsplattform.  

Text: Carsten Bildhäuser
Bild: Carrascal/Dindin Communication Design

Zurück
Zurück

Nicht notwendige Cookies: Ohne Einwilligung verboten!

Weiter
Weiter

Produktnachahmungen international: Alles nur geklaut?